Das sogenannte „Manic Pixie Dream Girl“ ist ursprünglich ein Trope, welcher zur Kritik von Filmen genutzt wurde: Er beschreibt einen weiblichen Charakter, der als bloße Projektionsfläche für einen lethargischen Protagonisten fungiert. Dieser Protagonist hat meistens den Spaß am Leben verloren und macht im Laufe des Films durch Hilfe seiner fantasievollen, lustigen, positiven und extravaganten Begleitung eine innere Entwicklung durch. Das „Manic Pixie Dream Girl“ selbst bleibt dabei aber eindimensional. Eigene Wünsche, Bedürfnisse oder Charakterentwicklungen bleiben ihr verwehrt.
Während diese ursprüngliche Filmkritik treffend die Misogynie eines gängigen Filmtropes aufdeckt, ist im Laufe der Zeit eine Zielverschiebung zu beobachten. Vermehrt wird der Begriff eingesetzt, um nicht mehr Regisseur*innen und Autor*innen zu kritisieren, sondern wird als Beleidigung gegen die Verhaltensweisen fiktiver Charaktere und sogar realer Menschen eingesetzt. Es ensteht also ein Widerspruch: Eine Kritik an sexistischen Strukturen, wird nun selbst zum Instrument misogyner Narrative.
In dieser Folge des Teengirl Culture Podcasts zeichnen wir die Geschichte des Begriffs „Manic Pixie Dream Girl“ nach, beleuchten ihn mit marxistisch-feministischer und soziologischer Theorie und gehen der Frage nach, inwieweit eine Übertragung des Begriffs auf reale Personen möglich ist. Dabei arbeiten wir Gemeinsamkeiten zu der pejorativen Verwendung des Begriffes „Pick Me Girl“ heraus.
Das Manic Pixie Dream Girl und seine Kritik
eine Podcastepisode von Lison Decker, Tarunai Lamb, Kim-Chi Luu, Sophia Peil und Asja Sieben
Das Projekttutorium „Soziologie des Teenage Girls“ (Beschreibung und Literaturliste auf AGNES) nahm die Lebensrealität von Mädchen im Teenager-Alter, gesellschaftliche Zuschreibungen und geschlechterspezifische Anforderungen, mit denen Teenagerinnen* konfrontiert sind, in den Blick. In der ersten Seminarhälfte eigneten sich die Seminarteilnehmer*innen Grundlagen der Girlhood Studies an. In der zweiten Seminarhälfte wurden die zuvor gelesenen feministischen Grundlagen-Theorien auf popkulturspezifische Phänomene angewandt, um einen Blick auf Subkulturen wie Fandoms sowie hinter die Kulissen von mädchendominierten Plattformen wie Tumblr und TikTok zu werfen. Am Ende des Seminares schlüpften die Seminarteilnehmer*innen selbst in die Rolle von Kulturproduzent*innen, indem sie die vorliegenden Podcasts erstellten.
Alle entstandenen Podcasts des Projekttutoriums können auf der Website des Instituts für Sozialwissenschaften der HU Berlin nachgehört werden.
Audiozitate und -referenzen
„500 Days of Summer“, Regie: Marc Webb, 2009
„Eternal Sunshine of The Spotless Mind“, Regie: Michel Gondry, 2004
Pixie Dust, Soundeffekt mit verändertem Pitch: https://www.youtube.com/watch?v=uV0UG0cwGGs&ab_channel=FreeAudioZone
Projektleitung
Eva-Lotte Schwarz (sie/ihr) studiert Sozialwissenschaften im Master an der Humboldt-Universität und konzipierte und leitete im Sommersemester 2023 das Projektseminar „Soziologie des Teenage Girls“. Sie ist Studienstipendiatin der Heinrich-Böll-Stiftung. Ihre Forschungsschwerpunkte liegen in den Social Movement Studies, sowie im Bereich der feministischen Theorie. 2023 erschien ihr Artikel „Learnings from the Anti-Fracking Movement in Namibia” im Forschungsjournal für Soziale Bewegungen Plus. Ihr Aufsatz „YouTube als Plattform: Jordan B. Peterson“ wurde 2022 in dem Springer Sammelband „Schlüsseltexte der ‚Neuen Rechten‘“ veröffentlicht. Von 2019 bis 2022 arbeitete sie als studentische Mitarbeiterin bzw. später als Sachbearbeiterin im Vorstandsbüro der Grünen Bundestagsfraktion für Anton Hofreiter. Eva-Lotte Schwarz ist auch in ihrer Freizeit in feministischen und ökologischen Initiativen aktiv und setzt sich für studentische Interessen ein.
Projektbetreuung
Dominika Tronina ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Vergleichende Demokratieforschung und Politische Systeme Osteuropas an der Humboldt-Universität zu Berlin. Bevor sie an die HU kam, absolvierte Dominika ein Studium der Osteuropastudien (MA), Soziologie und Polonistik (BA). Ihre Forschungsschwerpunkte sind soziale Bewegungen, politische Kommunikation und digitale Medien, insbesondere in Bezug auf rechtsradikale und anti-gender Politik. In ihrer Dissertation untersucht Dominika Prozesse der Online-Transnationalisierung von Anti-Gender-Bewegungen aus Kroatien, Deutschland, Frankreich, Italien und Polen.
Autor*innen der Folge „Das Manic Pixie Dream Girl und seine Kritik“
Lison Decker (sie/ihr) ist 2000 in Frankreich geboren und studiert seit 2020 Sozialwissenschaften an der HU Berlin. Sie begeistert sich für Dokumentarfilme, Bücher und Debatten, die sich mit Feminismus, Patriarchat und Männlichkeit beschäftigen. Am meisten inspirieren sie die Bücher von bell hooks und die Aussagen inspirierender Menschen, die sie sich über Podcasts anhört.
Tarunai Lamb (sie/ihr) ist 2001 in Belgien geboren und studiert Soziologie in technikwissenschaftlicher Richtung an der TU Berlin.
Kim-Chi Luu (sie/ihr), Jahrgang 2001, studiert seit 2021 Sozialwissenschaften an der HU Berlin. Ihre Schwerpunkte umfassen marxistisch-feministische Theorie und Stadtsoziologie. Ihre politischen Gedanken und Aufforderungen findet man in den Straßen Berlins in vielen Redebeiträgen wieder.
Sophia Peil (sie/ihr) ist 1996 in Mainz geboren und studiert seit 2020 Philosophie und Sozialwissenschaften (B.A.) an der Humboldt Universität zu Berlin. Hierbei legt sie besonderen Wert auf die Analyse der Verstrickungen philosophischer und sozialwissenschaftlicher Themenbereiche, besonders im Spektrum der Politischen Philosophie und Ethik mit einem intersektionalen Schwerpunkt. Besonders fokussiert sie sich auf Fragen der sozialen Gerechtigkeit und des Schwarzen Feministischen Abolitionismus.
Asja Sieben (keine Pronomen), 2002 in Berlin geboren, studiert seit 2020 Philosophie und Sozialwissenschaften (B.A.) an der HU Berlin, mit einem Interesse für feministische und queere Theorie sowie dafür, wissenschaftliche Kanonisierungsprozesse kritisch zu hinterfragen. Momentan schreibt Asja aus einer phänomenologischen Perspektive zur Parallele zwischen der Objektifizierung sowie Fremdwerdung des eigenen Körpers und Emotion Work an den eigenen Emotionen, mit verstärktem Fokus auf weiblich sozialisierte Personen.