Der Einstieg in ein neues Studium ist komplex. Die tausend neuen Eindrücke, die auf eine*n einströmen, sind schwer zu filtern. Was ist wichtig, was nicht, womit sollte ich mich jetzt unbedingt beschäftigen? All diese Fragen und Gedanken sind Erstsemester*innen der Gender Studies bestimmt auch nach den ersten Wochen Universität bekannt und so schnell werden sich darauf auch keine zufriedenstellenden Antworten finden lassen. Aber auch die meisten Älteren, diejenigen, die ihr Studium schon abgeschlossen haben, sind wohl mit diesen Fragen vertraut. Umso wichtiger ist es, Hilfsmöglichkeiten zu kennen, die es zumindest ermöglichen durchzublicken. Im Folgenden stelle ich Handbücher und gute Einstiegsliteratur vor, die in der Genderbibliothek zu finden sind und damit jederzeit ausgeliehen werden können.
Old but gold: Ein Meilenstein für die Genderforschung
Christina von Braun, die von 2005 bis 2007 das Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien (ZtG) als Sprecherin leitete, veröffentlichte 2005 zusammen mit Inge Stephan den inzwischen in dritter Auflage erschienenen Sammelband „Gender@Wissen: Ein Handbuch der Gendertheorien“ im UTB-Verlag. Es ist eines der ersten deutschsprachigen Handbücher der Geschlechterstudien und hat damit auf jeden Fall eine genauere Betrachtung verdient. Neben einer Einführung ist die inhaltliche Struktur in zwei Teile unterteilt: Die einzelnen Themenfelder der Geschlechterstudien werden vorgestellt und anschließend Abgrenzungen und Überschneidungen zu Theorien und Forschungsfeldern wie die der Queer Studies (Sabine Hark) und Postcolonial Studies (Gabriele Dietze) diskutiert. Spannend – nicht nur aus wissenschaftshistorischer Perspektive. An diesem Band beteiligten sich verschiedene Autor*innen des ZtG. Eine davon ist Kerstin Palm; sie ist Expertin für Gender and Science sowie aktuell eine der Sprecher*innen des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien und verfasste einen Beitrag zum Forschungsfeld Lebenswissenschaften. Andere Themenfelder sind u.a. bekannte wie Identität (Claudia Breger), Körper (Irmela Marei Krüger-Fürhoff) und Sexualität (Heike Jensen), aber auch Globalisierung (Heike Jensen) und Gedächtnis (Claudia Öhlschläger) werden als Felder der Gender Studies vorgestellt.
Ein anderer Zugang: Lust auf mehr
Ob Hedwig Dohm oder Frigga Haug bis hin zu Judith Butler. Nicht zu vergessen: Donna Haraway und Simone de Beauvoir. Wichtige Theoretiker*innen in den Gender Studies sind so zahlreich wie ihre Texte komplex sind. Ist die Entscheidung gefallen, Gender Studies zu studieren, ist die Lektüre und intensive Beschäftigung mit den Schriften dieser Autor*innen unausweichlich. Damit der Respekt vor den Namen der Theoretiker*innen den Mut mit der Auseinandersetzung nicht ausbremst, empfiehlt sich auch hier ergänzend ein Griff zur Sekundärliteratur. Genau an dieser Stelle setzt das Sammelwerk „Schlüsselwerke der Genderforschung“ von Martina Löw und Bettina Mathes an. In neunzehn Beiträgen besprechen namhafte Wissenschaftler*innen wie Karin Flaake oder Ulrike Teubner jeweils eine Veröffentlichung der großen Theoretiker*innen der Gender-Forschung. Die Verfasser*innen nehmen damit auch ungeübte Leser*innen mit in die Ideenwelt der Theorie, ordnen sie in den jeweiligen historischen Kontext ein und helfen damit zu verstehen, welche Relevanz bis heute von dem Text ausgeht – auf dass bei den Leser*innen anschließend Freude und Motivation geweckt wird, sich an den Original-Text zu wagen.
968 Seiten geballtes Genderwissen
Keine Angst, auch diese Publikation ist keine Monographie – es ist also nicht notwendig, die enorme Anzahl an Seiten auf einen Schlag zu lesen und daran zu verzweifeln. Das „Handbuch Frauen- und Geschlechterforschung: Theorie, Methoden, Empirie“ von Ruth Becker und Beate Kortendiek besteht aus zahlreichen Beiträgen, die einen Überblick zum jeweiligen Themenfeld ermöglichen. Mittlerweile im Jahr 2010 in der dritten Auflage erschienen und erweitert, deckt das Handbuch wesentliche Forschungs- und Theoriefelder der Geschlechterstudien ab. Es ist in drei zentrale Teile eingeteilt. Im ersten Teil, der zentrale Fragestellungen und Theoriekonzepte vorstellt, sind auch mehrere Wissenschaftler*innen des ZtGs vertreten. Dazu gehört u.a. der Beitrag von Christine Bauhardt, Leiterin von Gender und Globalisierung an der lebenswissenschaftlichen Fakultät, „Ökologiekritik: Das Mensch-Natur-Verhältnis aus der Geschlechterperspektive“.
Susanne Baer, Professorin für Öffentliches Recht und Geschlechterstudien an der Humboldt-Universität und aktuell Verfassungsrichterin am Bundesverfassungsgericht, steuerte einen Beitrag zum Verhältnis Gender und Recht im Abschnitt Arbeitsfelder und Forschungsergebnisse hinzu. Ebenfalls erweiterte Birgit Dahlke, ZtG-Angehörige und Leiterin der Arbeits- und Forschungsstelle Privatbibliothek Ch. und G. Wolf am Institut für deutsche Literatur, mit dem Beitrag „Literatur und Geschlecht: Von Frauenliteratur und weiblichem Schreiben zu Kanonkorrektur und Wissenschaftskritik“ den Blick auf Gender Studies um eine literaturwissenschaftliche Perspektive.
Clara Scholz ist Leiterin der Genderbibliothek am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien und damit zuständig für alles, was mit Information, Zugänglichkeit und Dokumentation zu tun hat. Ihr Lieblingssatz ist „Bei Fragen gerne fragen“, ihre Leidenschaft Open Science und ihr Antrieb Feminismus. In ihrer Freizeit ist sie vor allem auf Sportplätzen und im Internet anzutreffen.
Das Format #Bücherstapel stellt Publikationen aus dem Feld der Gender Studies vor. Es werden jeweils ein aktuelles, eines aus dem ZtG-Umfeld und ein älteres Werk zu einem aktuellen Thema porträtiert. Die vorgestellten präsentierten Bücher sind folglich nur eine kleine Auswahl an Publikationen, die Lust auf mehr lesen machen soll. Die Genderbibliothek des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien verfügt über eine der größten Sammlungen genderrelevanter Publikationen. Im meta-Katalog wird der komplette Bestand nachgewiesen. Wer lieber online liest oder sofort weiterlesen möchte, kann im Open Access Repositorium GenderOpen stöbern.