Wie kann neben der Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in der Wissenschaft auch die der Forschenden mit Diversitätsmerkmalen sichergestellt werden? Und wie kann neben geschlechterwissenschaftlichen Fragestellungen die Implementierung von Diversitätsaspekten in der Wissenschaft verbessert werden, um die Qualität der Forschung zu steigern? Diese Fragen stellen sich Forschungsprojekte spätestens, seitdem die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) mit der Einführung der Forschungsorientierten Gleichstellungs- und Diversitätsstandards 2022 einen weiteren Schritt in Richtung Vielfältigkeit gegangen ist. Beratungsangebote wie das GeCo-GenderConsulting der Humboldt-Universität bieten Forschungsverbünden bei der Erfüllung dieser neuen Anforderungen Unterstützung an.
Neuerungen in der Forschungsförderung
Die Forderung nach Diversität in der Wissenschaft ist von großer Bedeutung. Die historische Entwicklung der Wissenschaft war lange von strukturellen Benachteiligungen oder gar Ausschlüssen bestimmter Gruppen geprägt, was schließlich auch zu Verzerrungen in der Wissensproduktion führte. Auch heute ist die Repräsentation marginalisierter Gruppen an deutschen Hochschulen immer noch unzureichend, auch wenn inzwischen einige Schritte gegangen werden, um dies zu ändern.
Einen solchen Schritt verkündete die DFG im Jahr 2022, als sie die 2008 eingeführten Forschungsorientierten Gleichstellungsstandards, in Forschungsorientierte Gleichstellungs- und Diversitätsstandards erweiterte. Mit dieser Selbstverpflichtung bekennen sich die DFG-Mitglieder nicht mehr nur dazu, „die Gleichstellung von Frauen und Männern in der Wissenschaft“, sondern „aller Personen mit unterschiedlichen Geschlechtern, Hintergründen, Erfahrungen und Eigenschaften in der Wissenschaft nachhaltig zu befördern.“ Die DFG berücksichtigt damit gleichzeitig, dass die Förderung von Diversität in der Wissenschaft nicht nur zur Überwindung von Diskriminierung beitragen kann, sondern auch die Qualität der Forschung verbessert. Daher soll die Integration nicht nur auf der Ebene der Wissenschaftler*innen, sondern auch in der Forschung selbst erfolgen.
Diversität zu reflektieren und zu fördern, ist somit ein relevantes Kriterium für die Vergabe von Fördermitteln geworden. Damit ging die DFG einen Schritt, der im internationalen Vergleich fällig war: Der European Research Council berücksichtigt zum Beispiel schon seit 2021 Diversität als Entscheidungskriterium. Dabei fasst die DFG unter den synonym verwendeten Begriffen Vielfältigkeit oder Diversität „Unterschiedsdimensionen von Menschen wie beispielsweise Alter, Religion, Herkunft, sexuelle Identität, Kultur, Gesundheitszustand, Lebenssituation oder sozialer Status“ und legt im Gegensatz zum Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz keine abschließend zu berücksichtigenden Diversitätsdimensionen fest.
Noch in diesem Jahr wird die DFG die Ziele von Geschlechtergerechtigkeit und Diversität in Forschung und Wissenschaft vorrausichtlich auch mit Geld unterlegen: Die Mittel des Moduls Pauschale für Chancengleichheitsmaßnahmen, mit dem bis dato Wissenschaftlerinnen auf allen Karrierestufen sowie die Vereinbarkeit von Familie und wissenschaftlicher Karriere für alle Mitarbeitende des Forschungsverbundes gefördert wurden, sollen künftig auch für den „Zweck Diversität“ verausgabt werden dürfen, etwa für Anti-Bias- und Awareness-Workshops oder Mentoring- und Coachingprogramme für Personen mit Diversitätsmerkmalen.
Angebote an der Humboldt-Universität
Das Büro der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten der HU reagiert auf die Neuerungen der DFG mit dem Beratungsservice GeCo-GenderConsulting. GeCo richtet sich insbesondere an jene Forschungsprojekte, die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziert werden sollen oder bereits gefördert werden. In einer Beratung konzipieren Verbünde gemeinsam mit GeCo ein projektspezifisches Konzept zur Chancengleichheit oder erfahren, wie sie mit den bereits eingeworbenen Mitteln Gleichstellung und Diversität in ihren Verbünden vorantreiben können. Wenn Sie Informationen und Unterstützung in der Konzipierung der des Themenkomplexes Gleichstellung und Diversität im Forschungsprojekt wünschen, melden Sie sich gerne bei: geco-genderconsulting@hu-berlin.de
Auch die Internetplattform METIS – Gender Equality & Family Friendliness in Research Alliances at Humboldt-Universität zu Berlin reagiert auf die Neuerungen der DFG. Derzeit entwickelt METIS eine Toolbox zu Diversität in Forschungsprojekten, in der künftige best practices der beteiligten Sonderforschungsbereiche, Graduiertenkollegs oder Exzellenzclustern vorgestellt werden. Um über alle Veränderungen von METIS auf dem Laufenden zu sein, können Sie den monatlichen Newsletter abonnieren.
Dr. Henrike Voigtländer ist Historikerin und arbeitet seit August 2022 im Büro der zentralen Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, wo sie die das GeCo-Gender Consulting und METIS Gender Equality & Family Friendliness in Research Alliances at Humboldt-Universität zu Berlin leitet.